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Unternehmen Nachhaltigkeit Der Tagesablauf der Brotretter aus der Sicht der Mitarbeiter

Die Evangelische-Zeitung begleitete die Brotretter

Lohbrügge. Der Tag von Vasile Raducan beginnt früh. Seit dem 31. März 2016 steht er werktags zwischen 5 und 6 Uhr auf, um mit einem Lieferwagen Brötchen, Kuchen und Brote von Lübeck nach Hamburg zu den BrotRettern zu bringen. Adama Czizmada wartet dort auf ihn, er nimmt Bleche mit Franzbrötchen und Streuselschnecken entgegen. Raducan und Czizmada sind BrotRetter. Sie retten bis zu 300 Brote am Tag. Es sind die Brote der Bäckerei Junge. 180 Geschäfte, lange Öffnungszeiten, anspruchsvolle Gäste: So sammeln sich Brötchen, Kuchenstücke und Brote, die nicht gekauft und zu Tierfutter verarbeitet werden – trotz Spenden an die Tafeln. „Wir waren unglücklich, wie viel Brot übrig blieb", sagt Gerd Hofrichter, Sprecher der Bäckerei Junge. So entstand die Idee der „BrotRetter": eine Filiale, in der Brot vom Vortag zu günstigen Preisen verkauft wird – und das von Menschen, die eine zweite Chance nötig haben. Viele von ihnen kennen das Leben auf der Straße. Frühmorgens sortieren und verpacken dafür Hinzler und Künztler – ehemals Wohnungslose aus dem Team des Straßenmagazins Hinz &Kunzt – die Backwaren in Lübeck. Dort ist der Stammsitz der Junge-Bäckerei. 

Dann werden die Kisten mit Gebäck zur Filiale nach Lohbrügge gebracht. Zudem gehören zu den BrotRettern Mitarbeiter der Bäckerei Junge. „Wir suchten Partner, die professionell unterwegs sind", beschreibt Hofrichter die Geburtsstunde des Verkaufs. Die Wahl fiel auf Hinz & Kunzt. Das Angebot: Räume, Inventar, Backwaren, Ausbildung stellt die Bäckerei, das Team sollte von Hinz &Kunzt stammen. Die Kunden geben sich die Klinke in die Hand. Inzwischen gibt es ein zweites Geschäft in Lübeck. „Gibt es auch Körnerbrötchen?". Eine Frau mittleren Alters wendet sich Adama Czizmada zu. Der holt nun ein Brötchen nach dem anderen hinter der Verkaufstheke hervor. Der Kunde ist König, auch wenn die Preise für ein Brot um einen Euro liegen. Die einen kaufen hier ein, weil sie auf ihren Geldbeutel achten, die anderen, um ein Sozialprojekt zu unterstützen. Die Schlange geht bis auf die Straße, doch die BrotRetter lassen sich nicht aus der Ruhe bringen.

„Bei uns ist es etwas anders", meint Geschäftsleiterin Melanie Mauritz. „Wir sind entspannter." Die Kunden werden auch mit „Hi" und „Hallo" begrüßt. Die Verkäufer sprechen die Sprache der Straße. Raducan strahlt. „Es ist gut", sagt er. Er ist Rumäne, hat zuvor die Zeitschrift Hinz &Kunzt verkauft. Sein neuer Job als Fahrer und im Verkauf macht ihm sichtlich viel Freude. Erstmals hat er einen festen Arbeitsvertrag. Und damit eine Krankenversicherung – und Urlaubsanspruch. Urlaub machen, das kannte er gar nicht.

Ein Artikel von Catharina Volkert (Evangelische-Zeitung).

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